Pressemitteilung vom 24. Januar 2007

Zeitz wird Modellstandort für die Nachnutzung kontaminierter Industriestandorte

Deutsch-italienische Kooperation bei der Altlastensanierung

Zeitz. Das Gelände des ehemaligen Hydrierwerkes in Zeitz ist neuer Modellstandort für den internationalen Forschungs- und Technologietransfer auf dem Gebiet der Altlastensanierung. Am Mittwoch nahm Sachsen-Anhalts Umweltministerin Petra Wernicke eine Pilotanlage zur Grundwassersanierung in Betrieb, die den Boden mit heißem Dampf reinigt. An dem Projekt sind die Zeitzer Standortgesellschaft, die Landesanstalt für Altlastenfreistellung Sachsen-Anhalt, die Universitäten Kiel und Stuttgart sowie das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ beteiligt.

Petra Wernicke und UFZ-Geschäftsführer Prof. Georg Teutsch bei der Inbetriebnahme einer Pilotanlage zur Grundwassersanierung in Zeitz

Sachsen-Anhalts Umweltministerin Petra Wernicke und UFZ-Geschäftsführer Prof. Georg Teutsch bei der Inbetriebnahme einer Pilotanlage zur Grundwassersanierung in Zeitz, die den Boden mit heißem Dampf reinigt.
Foto: André Künzelmann/UFZ

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Inbetriebnahme einer Pilotanlage zur Grundwassersanierung in Zeitz

Inbetriebnahme einer Pilotanlage zur Grundwassersanierung in Zeitz, die den Boden mit heißem Dampf reinigt.
Foto: André Künzelmann/UFZ

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Das Hydrierwerk Zeitz wurde 1938 gegründet und war damals eines der größten Betriebe zur Herstellung von Treibstoffen und Schmiermitteln aus Braunkohle. In den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges wurden die Anlagen durch alliierte Fliegerangriffe weitgehend zerstört. Dabei traten mehrere Tausend Tonnen an verschiedensten Kraftstoffen aus und versickerten. Große Schadstoffkonzentrationen im Boden und im Grundwasser waren die Folge. Seit den 70er Jahren entwickelte sich der Standort zu einem Zentrum der Karbo- und Petrochemie in der DDR. Nach der Wende wurden die alten Produktionsanlagen zurückgebaut. Später begann die Neuentwicklung des Standortes zum Industriepark Zeitz. Heute ist das Gelände komplett erschlossen, mehr als die Hälfte der Ansiedlungsfläche wurde an Investoren wie die italienische Radici Chimica Deutschland GmbH verkauft.

Da die Altlasten jedoch ein Handicap bei der Ansiedlung von Investoren sind, wurde der Standort als ökologisches Großprojekt von Altlasten freigestellt. Das bedeutet, dass die Kosten für die Sanierung nicht von den Investoren selber getragen werden müssen. 2003 begannen umfangreiche Sanierungsmaßnahmen. Sachsen-Anhalts Umweltministerin Petra Wernicke: "In Sachsen-Anhalt gilt der Grundsatz, dass Altlastensanierung immer Vorfahrt vor einer weiteren Zersiedelung der Landschaft hat. Das ökologische Großprojekt in Zeitz belegt dieses Herangehen, denn der traditionelle Industriestandort soll ohne weitere Flächenzersiedelung für eine weitere gewerbliche Nutzung erhalten werden." Mit der Anwendung eines Pilotverfahrens zur Bodenreinigung und deren wissenschaftlicher Begleitung setzt das Vorhaben neue Maßstäbe bei der Altlastensanierung, so die Ministerin. Wernicke hob hervor, dass Sachsen-Anhalt für die Sicherung und Sanierung von Altlasten allein im Ökologischen Großprojekt Zeitz bisher mehr als 7 Mio. Euro ausgegeben hat. Bis zum Abschluss aller Maßnahmen dort werden noch einmal etwa 19 Mio. Euro aufzuwenden sein, so die Ministerin. Für 2008 ist auf dem Gelände des Industrieparks Zeitz die Inbetriebnahme einer Stärkefabrik geplant. Daneben laufen die Planungen für verschiedene Biomasseprojekte.

Mit dem Start der Pilotanlage kommt in Zeitz ein innovatives Verfahren zum Einsatz, das zum ersten Mal an einem ehemaligen Industriestandort getestet wird. Hinter dem Kürzel MOSAM (Mobile thermische in-situ-Sanierungsanlage in modularer Bauweise) verbergen sich drei Container, die eine Art Dampfreiniger darstellen. Sie erzeugen Dampf, der auf eine Fläche von 400 Quadratmetern bis zu 12 Meter tief in den Boden eindringt. "Man kann das mit einer Espressomaschine vergleichen: Die nur gering und sehr langsam löslichen Schadstoffe werden durch das Erhitzen mit Dampf schneller aus dem Untergrund gelöst - so wie der Espresso viel schneller fertig ist als ein normaler Kaffee", erklärt Prof. Holger Weiß vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ. Die Luft über dem Boden wird anschließend abgesaugt und durch einen Katalysator geleitet. Dadurch werden die Schadstoffe viel schneller beseitigt. Statt mehrerer Jahre dauert es nun nur noch ein paar Wochen, um eine derartige Fläche sauber zu bekommen.

Im Jahr 2005 startete das von den Universitäten Kiel und Rom initiierte und vom BMBF geförderte Projekt Trans-IT - "Transferprojekt zur Verwertung von Technologie und Wissen aus nationalen Verbundvorhaben zur Grundwasser- und Bodensanierung in Deutschland und Italien". Damit wird eine bilaterale thematische Plattform für die Altlastensanierung geschaffen, um technologisches und wissenschaftliches Wissen auszutauschen. Zeitz dient hierfür als Modellstandort, weil er sich aufgrund langjährig erworbener Erkenntnisse sehr gut eignet, um unterschiedliche Sanierungstechniken wissenschaftlich zu erproben. Er vermittelt weiterhin die komplexen Managementerfahrungen des Landes Sachsen-Anhalt bei der Sanierung solcher Standorte im Rahmen öffentlich-rechtlicher Aufgaben (z.B. im Bereich des Boden- und des Grundwasserschutzes) und in der engen Koordination von Behörden mit Unternehmen insbesondere bei Fragen einer erfolgreichen Standortrevitalisierung.

Ansprechpartner:

Prof. Holger Weiß / Ralf Trabitzsch
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
Telefon: 0341-235-2060, -2651
www.ufz.de/spb/berg/index.php?de=1623

oder:

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
Pressestelle
Telefon: 0341-235-2278
E-mail: presse@ufz.de
www.ufz.de/index.php?de=640

sowie

Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt
Pressestelle
Tel: (0391) 567-1950
E-mail: pr@mlu.lsa-net.de
www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=1743

und für Trans-IT:

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Prof. Dr. Andreas Dahmke
Tel.: (0431) 880-2858
E-mail: ad@gpi.uni-kiel.de
www.gpi.uni-kiel.de/Angewandte/

Grundwassersanierungsforschung am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ

Die Landesanstalt für Altlastenfreistellung (LAF) ist die zentrale Ansprechpartnerin für Investoren, Grundstückseigentümer und Kommunen in Sachsen-Anhalt. Sie unterstützt Investoren beim Flächenerwerb durch die Erteilung von Altlastenfreistellungen. Sie übernimmt die Aufgaben des Landes, die sich aus der Freistellung ergeben. Die LAF begleitet und unterstützt die Vorbereitung und Durchführung der Sanierungsmaßnahmen bis hin zur Refinanzierung, übernimmt während der gesamten Projektdauer die Abstimmung mit Behörden und koordiniert alle Beteiligten. Durch die Sicherstellung der termin- und kostengerechten Abwicklung wird der wirtschaftliche Einsatz der von Land und Bund bereitgestellten Mittel für Maßnahmen der Gefahrenabwehr und die Beseitigung von Hemmnissen für Ansiedlungen an Altstandorten erreicht.
www.sachsen-anhalt.de/LPSA/index.php?id=2492

Die Zeitzer Standortgesellschaft mbH (ZSG) ist die zentrale Kommunikationsstelle im Chemie- und Industriepark Zeitz. Sie ist Eigentümer der noch freien Ansiedlungsflächen. Sie begleitet die Projekte interessierter Ansiedler, vermietet Gewerberäume und bewirtschaftet das Territorium des Chemie- und Industrieparks.
www.industriepark-zeitz.com

Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) ist die Landesuniversität und das wissenschaftliche Zentrum von Schleswig-Holstein. Hier studieren mehr als 20.000 junge Menschen, hier lehren und forschen über 2.000 Wissenschaftler. Die Geowissenschaften sind die Schlüsseldisziplin für verschiedene CAU-Forschungsschwerpunkte, wie zum Beispiel des neuen Exzellenzclusters "Ozean der Zukunft", in dem eine etwa hundertköpfige Forschergemeinschaft den Ozean als "Schaltstelle" im System Erde untersucht.
www.uni-kiel.de

Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschungszentrum - UFZ erforscht die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt in genutzten und gestörten Landschaften. Die Wissenschaftler entwickeln Konzepte und Verfahren, die helfen sollen, die natürlichen Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen zu sichern. Das UFZ ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, die mit ihren 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2.2 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands ist. Die insgesamt 24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Helmholtz-Gemeinschaft forschen in den Bereichen Struktur der Materie, Erde und Umwelt, Verkehr und Weltraum, Gesundheit, Energie sowie Schlüsseltechnologien.
www.ufz.de