Pressemitteilung vom 27. Oktober 1999

Zukunftschancen im Torgauer Raum

Ergebnisse einer Unternehmensbefragung

Im Rahmen eines Forschungsprojektes mit dem Titel "Nachhaltige Wasserbewirtschaftung und Landnutzung im Elbeeinzugsgebiet" haben Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler des Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle eine Unternehmensbefragung im früheren Altkreis Torgau1 zum Thema "Zukunftschancen im Torgauer Raum – Umweltqualität, Ressourcenschutz und ökonomische Entwicklung" durchgeführt.

Schwerpunkte der in 85 Unternehmen durchgeführten Befragung waren:

  • Perspektiven wirtschaftlicher Entwicklung in Torgau,
  • Einfluss kostenerhöhender Auflagen in Wasserschutzgebieten auf die Gewerbeansiedlung,
  • Auswirkungen der Umweltqualität auf die Standortwahl von Unternehmen.

Am Montag, dem 1. November, 19.00 Uhr, werden die Ergebnisse in Kooperation mit dem Landratsamt und der Wirtschaftsförderung der Stadt Torgau öffentlich vorgestellt (Ort: Saal des Kulturhauses, Rosa-Luxemburg-Platz 16, Torgau).

Perspektiven wirtschaftlicher Entwicklung in Torgau

Die Bedeutung einer Kommune als Wirtschaftsstandort ergibt sich aus der Qualität ihrer Standortfaktoren. Einige Standortfaktoren, wie kommunales Verwaltungshandeln oder kommunale Wirtschaftsförderung können von den Kommunen beeinflusst werden. Ein Ziel der Befragung bestand demzufolge darin, Informationen darüber zu gewinnen, wie die Unternehmen Bedeutung und Qualität dieser Standortfaktoren einschätzen. Gleichzeitig sollten die Unternehmen Vorschläge für Verbesserungen bei kommunal beeinflussbaren Standortfaktoren angeben. Die Befragung ergab, dass die Unternehmen insbesondere der Zusammenarbeit mit kommunalen Verwaltungen und den Aktivitäten der kommunalen Wirtschaftsförderung eine relativ hohe Bedeutung beimessen und das diesbezüglich Verbesserungsmöglichkeiten bestehen. Es ergaben sich eine ganze Reihe von positiven Anregungen. So werden von der kommunalen Wirtschaftsförderung in erster Linie die Ansiedlung von Gewerbe, eine adäquate Außendarstellung der Region Torgau und Informationen über Fördermöglichkeiten für Unternehmen erwartet. Von der Verwaltung werden primär Flexibilität, Bürgernähe, unbürokratisches Handeln und eine Verkürzung von Bearbeitungszeiten erwartet. In der Unternehmensbefragung wurde auch nach Verbesserungsvorschlägen bei anderen ausgewählten Standortfaktoren gefragt. Als zentrales Problem wurde von den Unternehmen die schlechte Verkehrsanbindung Torgau-Leipzig identifiziert.

Einfluss kostenerhöhender Auflagen in Wasserschutzgebieten auf die Gewerbeansiedlung

Die Untersuchung des Einflusses von wasserschutzbedingten Beschränkungen auf die Gewerbeansiedlung bezog sich auf die in Trinkwasserschutzgebieten angesiedelten Unternehmen. Obwohl eine Reihe von Maßnahmen infolge wasserschutzbedingter Beschränkungen nachgewiesen wurden, konnte kein signifikanter Einfluss durch die Lage eines Gewerbegebietes in einem Trinkwasserschutzgebiet bezüglich der Grundstückspreise, der Auslastung der Gewerbegebiete, der Kostenbelastung und der Beurteilung einer Behinderung durch Wasserschutzgebiete festgestellt werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich die erhöhten Kosten für die kommunale Infrastruktur bei der Erschließung des Gewerbegebietes Torgau-Nordstraße nicht in erhöhten Grundstückspreisen niederschlugen, da das Sächsische Ministerium für Wirtschaft und Arbeit eine einmalige Zuwendung gewährte.

Auswirkungen der Umweltqualität auf die Standortwahl von Unternehmen

Im Gegensatz zu einer häufig geäußerten Meinung lassen die Ergebnisse der Unternehmensbefragung darauf schließen, dass eine hohe Umweltqualität ein wichtiger Standortfaktor ist. Beispielsweise wird die "Umweltqualität in der Umgebung des Standortfaktors" im Vergleich mit 35 anderen Standortfaktoren als überdurchschnittlich wichtig erachtet und die "Schönheit der Landschaft" noch als durchschnittlich wichtig angesehen. Ein wichtiger Grund ist die Relevanz der genannten Faktoren für die persönliche Lebensqualität der Eigentümer, Geschäftsführer und Mitarbeiter der befragten Unternehmen. Ein weiterer Grund ist, dass die hohe Umweltqualität den Torgauer Raum für Arbeitspendler als Wohnort attraktiv macht. Daraus ergeben sich positive ökonomische Wirkungen, insbesondere in den Branchen Handel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung.

Obwohl die Befragungsergebnisse sich auf den Altkreis Torgau beziehen, erlauben sie doch allgemeine wirtschafts- und umweltpolitische Schlussfolgerungen. Beispielsweise enthalten sie Hinweise darauf, welche Ansprüche Unternehmen in ländlichen Räumen in den Neuen Bundesländern an kommunale Verwaltungen und die kommunale Wirtschaftsförderung haben. Insofern lassen sich auf Grundlage der Befragung über den Altkreis Torgau hinaus Politikmaßnahmen im Hinblick auf wirtschaftliche Entwicklung und Abbau der Arbeitslosigkeit herleiten.

Hintergrundinformationen zum Forschungsprojekt

Seit 1997 gibt es am UFZ das Forschungsprojekt "Nachhaltige Wasserbewirtschaftung und Landnutzung im Elbeeinzugsgebiet", in dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der verschiedensten Fachrichtungen (Hydrogeologie, Bodenforschung, ökosystemanalyse, Angewandte Landschaftsökologie, ökologische ökonomie und Umweltsoziologie) zusammenarbeiten. Es ist ein Beispiel dafür, dass Umweltforschung am UFZ nicht nur im naturwissenschaftlichen Bereich angesiedelt ist, sondern auch den Menschen, die von ihm geschaffene Technik sowie soziologische und ökonomische Aspekte einbezieht.

Im Mittelpunkt der Arbeiten dieses konkreten Projektes stehen Nutzungskonflikte zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Grundwasser- sowie Natur- und Landschaftsschutz (Ressourcenschutz) in ländlichen Räumen mit großräumig ausgewiesenen Schutzgebieten.

Ein Schwerpunkt liegt in der Entwicklung von Methoden, mit denen Konflikte zwischen Ressourcenschutz und wirtschaftlicher Entwicklung aus einer ökologischen und ökonomischen Perspektive bewertet werden können. Des Weiteren werden umweltpolitische Instrumente im Hinblick auf ihren ökologisch effektiven und ökonomisch effizienten Einsatz sowie potentiellen Modifikationsbedarf untersucht. Schließlich sollen die mit dem Naturressourcenschutz verbundenen Möglichkeiten und Grenzen für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region aufgezeigt werden.
Beispielhaft geschieht das für den Torgauer Raum.