Pressemitteilung vom 8. April 1998

Tagebaue - Landschaften auf Zeit

Fotoausstellung ab 8. April 1998 im Umweltinformationszentrum der Stadt Leipzig

Im neuen Leipziger Umweltinformationszentrum (UiZ) in der Ritterstraße 4 wird vom 8. April bis 13. Mai 1998, montags bis freitags, in der Zeit von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr, die Fotoausstellung "Tagebaue - Landschaften auf Zeit" zu sehen sein. Sechzig großformatige Fotos zeigen den Facettenreichtum von Bergbaufolgelandschaften im Mitteldeutschen und Lausitzer Braunkohlerevier. Fotoautoren sind Mitarbeiter des UFZ-Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle GmbH, Dr. Fred Walkow, Leiter des Amtes für Umweltschutz Bitterfeld, sowie Diplombiologe Michael Unruh von der Naturschutzstation Zeitzer Forst. Ausgestellt wird außerdem ein Geländemodell zur zukünftig entstehenden Landschaft im Südraum der Stadt Leipzig.

Die nüchternen Fakten sind eine Seite des Themas Bergbaufolgelandschaften: In Ostdeutschland müssen 385 km2 Tagebauflächen saniert und für eine Folgenutzung vorbereitet werden; das Grundwasserdefizit beträgt 14,6 Mrd. m3; in den kommenden fünf Jahren werden ca. 6 Mrd. DM an öffentlichen Geldern für die Sanierung bereitgestellt (geschätzte Gesamtkosten: 18-30 Mrd. DM).

Vor Ort, inmitten der Bergbaufolgelandschaft, erschließt sich dem unvoreingenommenen Betrachter eine ganz andere Seite. Regen und Wind formten aus öden Abraumkippen eine bizarre Szenerie. Die Erosion variiert ihre Motive in vielfältiger Weise. Chemische Prozesse in den Kippen verändern Boden und Grundwasser. An einigen Stellen steigen Gase aus dem Untergrund und fällen Metalle als farbige Mineralien aus dem Wasser der Restseen. An flachen Buchten ordnen Wellen bunte, vergängliche Muster an. Auf andere Weise faszinieren Tagebaugroßgeräte mit ihrer technisch-funktionalen ästhetik. Schneidbrenner und Schmelzofen besiegeln heute das Ende vieler dieser nutzlos gewordenen Kolosse. Anders jedoch im Tagebau Golpa Nord, wo fünf Bagger und Absetzer erhalten werden und künftig Ferropolis bilden - die Stadt aus Eisen.

Auch für die Wissenschaftler des Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle sind die Bergbaufolgelandschaften eine große Herausforderung. Die Aufgabenstellungen sind vielfältig: Sie reichen von Konzepten für eine ökonomisch tragfähige, nachhaltige Entwicklung im Südraum Leipzig über die Entwicklung von Methoden zur Neutralisation von sauren Tagebaurestseen mit Hilfe von Mikroorganismen bis hin zu Konzepten zum Schutz ökologisch wertvoller Bereiche in der Bergbaufolgelandschaft.

Mit der Ausstellung soll der Blick geöffnet werden: Was aus der Entfernung wüst und leer aussieht, kann ganz eigene Reize entfalten, wenn man sich auf einen ungewohnten Blickwinkel einläßt. Dabei sind die Fotos auch Dokumente, denn mit der Flutung vieler Tagebaue in den nächsten Jahren wandelt sich das Gesicht der Bergbaufolgelandschaft vollkommen und endgültig. Im Wasser versinkt dann eine Landschaft, der nur wenige Jahre beschieden waren - Landschaft auf Zeit.