COP 20 in Lima, Peru

Interview vom 2. Dezember 2014

Ein Modell für die Welt? Reimund Schwarze zur COP-20 in Lima


Vom 1. bis 12. Dezember 2014 tagen in Peru die Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Prof. Dr. Reimund Schwarze hat in den letzten Jahren die UN-Klimakonferenzen vor Ort beobachtet und darüber berichtet. Der Klimaexperte ist Umweltökonom am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Zum Start der Klimaverhandlungen baten wir ihn um einen Ausblick auf diese zwei Wochen.


Herr Schwarze, worum geht es in Lima?

Reimund Schwarze: Nach dem Fahrplan der Vereinten Nationen muss bis zum Sommer nächsten Jahres der Textentwurf für ein Abkommen in Paris vorliegen. Ob das gelingt ist zweifelhaft. Aber darum geht es in Lima: Wie können die jetzt vorliegenden, durchaus ambitionierten Klimaschutz- und Finanzzusagen der Länder in ein neues Abkommen überführt werden? Möglich wäre dies durch

  • ein Protokoll in der Nachfolge des Kyoto-Protokolls
  • oder ein völkerrechtlich unverbindliches Abkommen à la Kopenhagen, das jedes Land in eigener Regie mit Substanz füllt, und die UN schaut nur zu.

Alles ist möglich, aber ein Kyoto-2 wird es nicht in Paris geben.


Die Stimmung ist optimistischer als die letzten Jahre beim Klimagipfel nach den Zusagen der USA und China, im Klimaschutz gemeinsame größere Anstrengungen zu unternehmen. Wie sehen Sie die Lage?

Reimund Schwarze: Der UN-Sondergipfel in New York war tatsächlich so etwas wie ein „game changer“. Die USA und China haben endlich internationale Verantwortung in Sachen Klimaschutz übernommen, anstatt wie früher mit dem Finger darauf zu verweisen, dass der jeweils andere sich nicht bewegt. Die Zusagen sind substanziell, auch wenn bei beiden Zusagen noch Fragen offen sind. Die EU hat getan, was gerade noch geht und die -40% Zusage bis 2030 wird reichen, dass Sie diesmal mit am Tisch sitzt. Jetzt kommt es darauf an, den vierten im Quartett ins Boot zu holen: Das ist Indien. Hier braucht es Finanzzusagen und zwar nicht allein für den Grünen Klimafonds der ärmsten Länder, sondern private Investitionen in saubere Technologien, die Indien erlauben, nicht erst den Weg von China zu gehen. Neu Dehli ist heute bereits die schmutzigste Stadt in Sachen Luftqualität. Hier gäbe es Wege zu vernünftigen Lösungen für bessere Luft UND besseres Klima in den Städten.


Manche sagen, Lima wird der Gipfel der Südamerikaner. Wie sehen Sie das? Wird es neue ambitionierte Zusagen aus den Ländern Südamerikas geben?

Reimund Schwarze: Es ist lange her, dass es einen Gipfel in Südamerika gab. Das Thema Klimawandel ist dort durch zunehmende Naturgefahren in aller Munde. Alle schauen auf Brasilien und den Regenwald. Aber das ist nicht das eigentliche Thema. Brasilien hat große Schritte getan, um das wilde Abholzen zu stoppen und die Trendwende erreicht. Jetzt aber geht es darum, wie das wilde Wachstum der Städte und der damit einhergehende Energieverbrauch eingedämmt werden können. Hier müssen vor allem neue Verkehrs- und Infrastrukturkonzepte auf den Tisch. Große neue Zusagen erwarte ich von Brasilien und dem von einer Wirtschaftskrise gebeutelten Argentinien deshalb nicht.


Welche Rolle spielt die Wirtschaft auf diesem Gipfel?


Reimund Schwarze: Eine ganz erhebliche, viel mehr als auf den früheren Konferenzen. Ban Ki Moon hat mit dem Sondergipfel im September diesen Ton gesetzt. Für die großen Infrastrukturaufgaben der Welt ist nicht der grüne Klimafonds zuständig. Der ist für die ärmsten Länder. Für Länder wie Brasilien, Argentinien oder Indien müssen private Geldgeber gefunden werden, die bereit sind, in erneuerbare und grüne Stadtkonzepte zu investieren. Man schaut auf Deutschland: Wenn es hier gelingt, die Energiewende mit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung zu verbinden, dann wäre das ein Modell für die Welt.

Die Entwicklungen in Lima kommentiert Prof. Reimund Schwarze über Twitter https://twitter.com/UFZ_de und im Scilogs-Blog des UFZ unter http://www.scilogs.de/umweltforsch/author/schwarze/ .



Zur Person:

Prof. Reimund Schwarze, UFZ; Foto: André Künzelmann/UFZ Reimund Schwarze ist Klimaexperte im Department Ökonomie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ). Als Professor für Volkswirtschaftslehre hält er Vorlesungen an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder. Seine Forschungsschwerpunkte sind ökonomische und juristische Untersuchungen zur Klimapolitik. Er beobachtete in den letzten Jahren die Klimakonferenzen der UNO und berichtete davon im UFZ-Klimablog.