Reportage | 15. Dezember 2014

Feld-Kampagne am Toten Meer zur Erkundung submariner Grundwasserzutritte in den Salzsee


Auf die unterirdischen Wasserressourcen im Einzugsgebiet des Toten Meers sind mehr als vier Millionen Menschen angewiesen. Bereits heute reichen die verfügbaren Grundwasserressourcen dort nicht aus, um den wachsenden Wasserbedarf von Bevölkerung und Landwirtschaft zu decken. Vor dem Hintergrund des Klimawandels ist mit einer Verschärfung der Situation zu rechnen. 

Seit fast sieben Jahren sind Wissenschaftler des UFZ im Grenzgebiet Israel/Palästina/Jordanien unterwegs, um u.a. eine Bestandsaufnahme der einzelnen Komponenten des Wasserhaushaltes zu machen. Eine wesentliche und in der Historie nie berücksichtigte Komponente bildet die ungeheure Menge an submarinen Grundwasseraustritten im Toten Meer, die dadurch immer stärker in den Fokus der Untersuchungen gerückt sind.

Sonobot der Firma EvoLogics Sonobot der Firma EvoLogics. Die hohe Dichte und agressive Zusammensetzung der Salze im Toten Meer stellten extrem hohe Anfroderungen an die Technik. Foto: Dr. Christian Siebert, UFZ Dazu reiste im November ein Team von Hydrogeologen und Ingenieuren ans Tote Meer. Neben den Wissenschaftlern vom UFZ, Dr. Christian Siebert und Dr. Ulf Mallast sind Kollegen vom GeoDiving Centre der TU Freiberg, Prof. Broder Merkel, Dr. Thomas Pohl und Mandy Hoyer und Entwickler der Firma EvoLogics Berlin, Thomas Tietz und Ievgenii Glushko dabei gewesen.

Ziel der gut einwöchigen Geländekampagne war es, einen wesentlichen Schritt vorranzukommen bei der Ermittlung systematischer Zusammenhänge zwischen den Austrittslokationen und eventuellen Spuren neotektonischer Aktivität, der Quellmorphologie, Quellchemie und Mikrobiologie des Grundwassers sowie thermaler Spuren an der Wasseroberfläche. Dazu wurde mittels neuer Technologien und paralleler Betauchung die Seebodenmorphologie in einem der hot-spot Gebiete für submarinen Grundwasserabstrom – der Darga Bay – hochauflösend kartiert und zugleich Proben von Quellwässern und Sedimenten in der Umgebung der Quellen sowie Bio-Proben zur Untersuchung von mikrobiellem Leben entnommen.

Allein die Dichte (ca. 1,24 g/cm3) und aggressive Zusammensetzung des Salzsees führt Mensch und Technik an ihre Grenzen. Die Ingenieure von EvoLogics, deren autonom operierendes Sonobot zum Einsatz kam, waren im Vorfeld der Kampagne zuversichtlich, dass ihre Technik und Sensorik zuverlässig und korrekt funktioniert, aber der Unsicherheitsfaktor in diesem Extremmedium bleibt. Dazu kommt, dass durch die erheblich höher Dichte des Wassers die Trimmung des Sonobots neu eingerichtet werden musste und Parameter für Echolot und Seitenscan-Sonar kalibriert werden mussten. So erreicht z.B. der Schall im Toten Meer eine Geschwindigkeit von ca. 1800 m/s – gute 300 m/s mehr als in Süßwasser.

Tacuher 25°C Lufttemperatur, bis zu 50 kg zusätzliche Gewichte und Morast im Uferbereich verlangten von den Tauchern sportliche Höchstleistungen ab. Foto: Dr. Christian Siebert, UFZ Durch das Zusammenspiel von Tauchern und Ingenieuren wurden aber tatsächlich die ersten hoch aufgelösten Aufnahmen vom Boden des Toten Meeres im Bereich massiver Süßwasseraustritte erzielt.
Die mit bis zu 50 kg beschwerten Taucher, die im morastigen Ufersediment immer wieder knietief einsanken und bei 25°C Lufttemperatur in Neopren und Vollgesichtsmaske schwitzen mussten, haben neben der Hilfestellung beim Sonobot, die exakte Position von morphologischen Rücken, bis zu 18 m tiefen Kratern, an deren unterem Ende eine Brack- oder sogar Süßwasserquelle sitzt und Quell-Lokationen akribisch kartiert und dokumentiert.

Der Octocopter nahm Luftbilder und Thermal-Images auf. Foto: UFZ. Der Octocopter nahm Luftbilder und Thermal-Images mit einer räumlichen Auflösung von unter einen Zentimeter auf. Foto: Dr. Christian Siebert, UFZ Zusätzlich zu den Arbeiten auf und unter Wasser wurde das Gebiet mittels eines programmierbaren Oktokopter in Form von Luftbildern und Thermal-Images mit einer räumlichen Auflösung von unter 1 cm flächendeckend aufgenommen. Daraus sind einerseits thermale Signaturen der aufsteigenden Süßwässer an der Seeoberfläche ermittelbar, woraus perspektivisch ein Zusammenhang zwischen der Größe der Anomalie und der tatsächlich austretenden Wassermenge abgeleitet werden soll. Andererseits kann nun die terrestrische Fläche in einem extrem genauen DEM abgebildet werden und in Verbindung mit der gut aufgelösten Bathymetrie der Zusammenhang zu subaquatischen Strukturen wie Steilstufen oder Canyons hergestellt werden.

Durch die langjährige Tätigkeit der Forscher vom UFZ wurden die Untersuchungen vor Ort mit großem Interesse durch Wissenschaftler von lokalen Universitäten und Behörden aufgenommen und begleitet.
Am Ende der Kampagne standen eine ausgereifte Technologie, ein vollständig kartierter submariner Quellcluster sowie erhebliche gesammelte Daten- und Probenmengen.

Ulf Mallast & Christian Siebert